Text und Fotos im copyright von AllesKlassik/Ingrid Adamiker
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Bereits 2015 hatte ich das Vergnügen, im Klosterhof Mautern eine Oper open-air der besonderen Art erleben zu dürfen. Damals stand Verdis Rigoletto auf dem Programm. Zusammen mit einer deutschen Freundin aus Paris war ich in die Steiermark gereist, um einem jungen Sänger, den ich seit mehreren Jahren unterstütze, zuzujubeln: dem mexikanischen Tenor Victor Campos Leal. Sehr kurzfristig (der Premierentenor war unpässlich) war damals Campos Leal, Ensemblemitglied der polnischen Opern Breslau, als Einspringer für die Rolle des Duca di Mantova gefunden worden. Wenige Stunden hatte er zur Vorbereitung und Zeit für Proben gab es fast nicht. Der Abend wurde ein voller Erfolg, Veranstalter, KollegInnen und Publikum jubelten.
Ein Jahr später, nach mühsamen, detailverliebten Vorbereitungen aller Beteiligten, war es wieder so weit. Nach Verdi gab es entspanntere klassische Operette: „Die Fledermaus“, komponiert vom Walzerkönig Johann Strauß in knapp 40 Tagen im Sommer 1873.
Motoren und Herz der Initiative: Die steirische Kulturstraße und Sarah Kettner, die als Initiatorin und Intendantin wieder für die Regie und die musikalische Leitung, Kostüme (und tlw. Maske) zuständig war.
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Weit ausholen muss man, wenn man das Leben dieser Ausnahme-Künstlerin kurz zusammenfassen möchte: Geboren in Zimbabwe absolvierte Kettner im südafrikanischen Witwatersrand ihre Gesangsausbildung, die sie nach dem Diplom in London, Italien und in Wien bei Sona Ghazarian weiterführte. Mit 24 arbeitete sie bereits an der Oper von Pretoria und gab weltweit Konzerte, machte wichtige Radioaufnahmen, besuchte Meisterklassen. Ihre Stimme entwickelte sich von der leichten, zarten Soubrette zu der eines soprano spinto. Unermüdlich studierte Kettner später auch in Graz und konnte ihren Lebenslauf mit einem Abschluss in Gesangspädagogik und Aufführung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz sowie ein paar Jahre später mit dem Doktortitel in pädagogischer Psychologie bereichern.
Seit vielen Jahren ist die zweifache Mutter MMag. Dr. Kettner LRSM (hier mit komplettem Titel) in Mautern in der Steiermark tätig, wo sie gemeinsam mit ihrem Mann Friedrich und den Kindern lebt. Ihre Expertise und Leidenschaft vermittelt sie unermüdlich den GesangsschülerInnen an der der Musikschule Liesingtal und Leoben. Ebendiese, gemeinsam mit der Dance Production Graz, dem Kammerorchester „Accento“ Knittelfeld unter der Leitung des Gastdirigenten Heinrich Moser brachten „Die Fledermaus“ also auf die liebevoll ausgestattete Bühne im stimmungsvollen Klosterhof.
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Diese Operette, die zu den drei meistgespielten Operetten von Johann Strauß zählt und die diejenige mit dem größten auch internationalen Erfolg ist, fordert neben musikalischem Können auch besonders großes komödiantisches Talent. Ironisch und feinsinnig sind die Dialoge, mitreißend die schwungvolle Musik. Grundlage des Librettos war das Werk eines deutschen Autors, welches anschließend von zwei Franzosen zu einem Lustspiel umgeschrieben wurde, das sich rund um das „Le Réveillon“ dreht, also das Fest am Heiligen Abend, das mitunter auch sehr ausufern konnte.
In der Fledermaus wird fest beleidigt, Rache geübt, geliebt, verspottet, kritisiert und versöhnt.
Musikalisch sofort präsent sind Titel wie „Trinke, Liebchen, trinke schnell“ aus dem ersten Akt oder „Ich lade gern mir Gäste ein“, Orlofskys Couplet aus dem 2. Akt. Sehr bekannt ist auch der Csárdás „Klänge der Heimat“, den Rosalinde im 2. Akt singt und der, als besonderer Leckerbissen lange vor der Premiere bereits aufgeführt, schon lange ein Gassenhauer war. Selbst die damals ausgebrochene Wirtschaftskrise, der „Gründerkrach“ konnte der Fertigstellung der Operette nichts anhaben, sie nur verzögern. Johann Strauß selbst stand am Dirigentenpult des Theater an der Wien, als „Die Fledermaus“ 1874, am 5. April uraufgeführt wurde. 20 Jahre später gab es dann die erste Aufführung in einem Opernhaus, und zwar am Stadt-Theater Hamburg, unter prominenter musikalischer Leitung durch Gustav Mahler.
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Im Klosterhof zu Mautern wurde es langsam Abend, der Wettergott war gnädig und offerierte einen lauwarmen Frühsommerabend. Die kluge Verbindung von Profikünstlern und Laien funktionierte auch in diesem Jahr. Eingebunden wurden in den Abend diesmal auch ganz spezielle Gäste: junge Kriegsflüchtlinge aus einer Gruppe von ca. 50 teils unbegleiteten Minderjährigen, die in Mautern unaufgeregte, sehr gut organisierte Aufnahme gefunden haben. Einige von ihnen standen zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer Bühne. Außerdem konnten sie dank eines eigenen Projekts ihre künstlerischen Fähigkeiten als Keramik-Bildhauer erforschen bzw. unter Beweis stellen. Die Werke der jungen Herren wurden in einer Ausstellung dem Publikum gezeigt und konnten auch gleich käuflich erworben werden. Der Erlös kam den Asylsuchenden für weitere künstlerische Projekte zu Gute. Es waren einige ausgesprochen schöne Arbeiten dabei und die schüchternen jungen Männer strahlten ob jedem Objekt, das sorgfältig verpackt seinem neuen Besitzer übergeben werden konnte. In mir wurde im Zuge des persönlichen Kontakts mit den Asylwerbern der Wunsch einer gemeinsamen Sprache wach, die das gegenseitige Verstehen wesentlich erleichtert hätte. Aber über die Kunst zu kommunizieren ist immerhin ein Anfang, ein schöner, positiver und vor allem friedlicher Weg in ein Miteinander.
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Die Premiere war insgesamt sehr gelungen, alle Räder griffen wunderbar ineinander, es gab keine Pannen, Publikum und Mitwirkende genossen den Abend sichtlich, an dem die Weisen von Johann Strauß in eine sternenklare südsteirische Nacht entsendet wurden.
Da Bilder mehr sagen als tausend Worte, lassen wir also diese sprechen!
Nur noch eins: Herzliche Gratulation an das gesamte Ensemble & technisches Team. Speziellen Dank von meiner deutschen Freundin aus Paris und mir, an Sarah Kettner und natürlich an den freundlichen, weltoffenen Bürgermeister Andreas Kühberger. Wir freuen uns schon auf 2017!
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Die Mitwirkenden der Premiere am 10. Juni 2016 waren u.a.:
Adrian Häuselmann (Gabriel von Eisenstein)
Brigitte Kühberger (Rosalinde, Gabriels Frau)
Melanie Ebner (Adele, Kammermädchen)
Christian Aigner (Dr. Falke, Freund v. Eisenstein)
Christian Kettner (Frank, Gefängnisdirektor)
Rok Krajnc (Alfred, Gesangslehrer)-Gasttenor
Susanne Hebenstreit (Prinz Orlofsky)
Georg Graninger (Dr. Blind, Advokat von Eisenstein)
Konstantin Igler (Ivan, Leibwache von Orlowsky)
Laura Dreer (Ida, Schwester von Adele)
Alexandra Kühberger (Resi, Hausmädchen)
Marina Igler (Felicita)
Hannah Kunodi (Melanie, Gast des Prinzen)
Petra Adami (Sabine, Gast des Prinzen)
Annika Schöffauer (Silvia, Gast des Prinzen)
Thomas Lercher (Ali-Bey, Ramusin, Gast des Prinzen)
Reinhard Weber (Cariconi, Gast des Prinzen)
Edeltraud Steinwender (Gast des Prinzen)
Mahdi Mohammadi (Gast des Prinzen)
Razi Ahmadi (Gast des Prinzen)
Franz Gollner (Frosch, Gerichtsdiener)
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Regie: Sarah Kettner
Musikalische Leitung: Heinz Moser
Bühnenbild: Sarah und Friedrich Kettner u.v.m.
Bildunterschriften:
Bild 1: Melanie Ebner begeisterte als Kammermädchen Adele
Bild 2: Susanne Hebenstreit als überzeugender Prinz Orlovsky (li.), Adrian Häuselmann alias Gabriel von Eisenstein (re)
Bild 3: Brigitte Kühberger (Rosalinde) mit Adrian Häuselmann (Gabriel von Eisenstein)
Bild 4: tanzgewaltig Corps de ballet (Dance Production Graz)
Bild 5: Wieder ein Hit: Franz Gollner als Frosch
Bild 8: Maestro Heinz Moser mit Intendantin Sarah Kettner
Bild 9: Blumenübergabe von Bürgermeister Andreas Kühberger an die Seele des Abends Sarah Kettner (im Hintergrund Mahdi Mohammadi und Razi Ahmadi (Gäste des Prinzen)